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Und das Subjekt der Erfahrung muss sich offen halten für das Kommende, ja für das Überraschende und Ungewisse der Zukunft. Sonst erstarrt es zu einem Arbeiter, der die Zeit bloss abarbeitet. Er verändert sich nicht. Veränderungen destabilisieren den Arbeitsprozess. Das Subjekt der Erfahrung dagegen ist sich nie gleich. Es bewohnt den Übergang zwischen dem Vergangenen und dem Zukünftigen. Die Erfahrung umfasst einen weiten Zeitraum. Sie ist sehr zeitintensiv im Gegensatz zum Erlebnis, das punktuell, zeitarm ist. Die Erkenntnis ist genauso zeitintensiv wie die Erfahrung. Sie zieht ihre Kraft sowohl aus dem Gewesenen als auch aus dem Zukünftigen. Erst in dieser Verschränkung von Zeithorizonten verdichtet sich die Kenntnis zu Erkenntnis. Diese temporale Verdichtung unterscheidet die Erkenntnis auch von Information, die gleichsam zeitleer oder zeitlos im privativen Sinne ist.

In Byung-Chul Han - Duft der Zeit, S. 13