Im Unterricht lernst du zunächst, wie du die physikalischen Eigenschaften der natürlichen reinen Intervalle nutzen kannst, um die richtigen Tonhöhen zu singen und zu spielen – ein Wissen, das für alle Arten von Volksmusik auf der ganzen Welt nützlich ist. Ebenso erhältst du eine Einführung in die
minyo (Volkslieder)-Gesangstechnik. Auf dieser Grundlage aufbauend arbeiten wir zunächst an einfachen, dann an anspruchsvolleren Volksliedern von den Ryūkyū-Inseln. Höfische Musik ist sehr anspruchsvoll und deshalb können wir sie erst nach mehrjährigem Spielen in Angriff nehmen.
Egal ob Utasanshin oder ein anderer Unterricht: Wer bei mir Musik lernt, kann diese Musik ohne auf industrielle Technologie zurückzugreifen praktizieren. Wir begnügen uns mit Gesang und handgefertigten Instrumenten und verzichten auf ein Stimmgerät. Ich unterrichte ausserdem ohne Notation. Die traditionellen Stücke prägen wir uns mittels Nachmachen und Repetition sowie dank der Klärung der Bedeutung des Liedtexts und des kulturellen Kontexts (Rituale etc.) ein. Bis man einen Liedtext auswendig kann, ist es okay, ihn zwischendurch während des Singens mitzulesen.
Ein Mitmachen in meinem Unterricht kann alleine durchs Nachmachen schon gelingen. Ein bisschen Theorie kann aber hilfreich sein, insbesondere wenn es ums Stimmen der Sanshin geht, oder wenn eine Schülerin oder ein Schüler Mühe hat, ein gelerntes westliches Musikverständnis hinter sich zu lassen und Neues auszuprobieren. Wer intuitiv veranlagt ist, versteht
meine theoretischen Zwischenbemerkungen leicht mit den «Ohren» oder mit dem «Körper» – die analytische «Kopfarbeit» kann weggelassen werden.